Berichte

Gewichtheber Alexej Prochorow: Das leise Ende einer Karriere

Er ist erst 29. War als Hoffnungsträger eingeplant für die Olympischen Spiele 2020 und 2024. Doch Alexej Prochorow hat seine Gewichtheber-Karriere ohne die Krönung beendet.

Eigentlich müsste Alexej Prochorow am heutigen Donnerstag im Urlauberparadies Pattaya in Thailand sein. Nein, nicht in Badehose am Strand, sondern im Dress mit Bundesadler auf der Gewichtheber-Bühne. Doch der stärkste Mann Nordhessens tritt nicht bei der Weltmeisterschaft an, sondern sitzt in seiner Wahlheimat Heidelberg und schreibt an seiner Bachelorarbeit. Höhere Mathematik statt simpler Addition von schweren Lasten, zur Hochstrecke gebracht im Reißen und Stoßen. „Ich habe mich für mein berufliches Fortkommen entschieden und gegen den Sport. Beides ist auf Spitzenniveau nicht unter einen Hut zu bekommen“, sagt der 29-Jährige, der aus Baunatal stammt.

Die Entscheidung

Der Entschluss sei lange gereift, war keine spontane Entscheidung. „Wenn ich mit einer realistischen Chance auf eine Spitzenplatzierung 2020 nach Tokio zu den Olympischen Spielen hätte fahren wollen, dann hätte ich mich schon 2018 komplett auf den Sport konzentrieren müssen, ohne Blicke nach rechts und links“, sagt Prochorow. Aber schon damals war das nicht mehr sein Ding, er verpasste die WM in Turkmenistan und weitere

Qualifikationswettkämpfe für Olympia.

Der Nordhesse mit russischen Wurzeln, der einst für den Sport ins Heber-Leistungszentrum Speyer gewechselt war, forcierte sein Studium der Betriebswirtschaft und absolvierte auch Auslandssemester in Toronto. Nur in der Bundesliga ging er für Langen zunächst noch an die Hantel. Aber auch das ist jetzt passé, Prochorow hat abtrainiert.

„Ich habe mich für den anderen Weg entschieden und bin zufrieden“, sagt er und lacht dabei. Obwohl er vom Bundesverband Deutscher Gewichtheber über Jahre gezielt als Olympiahoffnung für 2020 und 2024 im Superschwergewicht aufgebaut und gefördert worden war, habe ihm sein Rückzug keinen Ärger eingebracht. Und: „Ich bereue den Schritt überhaupt nicht, irgendwann wäre die Zeit sowieso gekommen. Jetzt eben etwas eher.“ Mit 29 schon und damit vor dem eigentlichen Höhepunkt und dem Erreichen des großen Ziels.

Die Erfolge

Was bleibt also von der Heberkarriere des Alex Prochorow? Erinnerungen an Starts bei EM und WM, maximal 140 kg Körpergewicht, die persönlichen Rekorde von 190 kg im Reißen, 222 kg im Stoßen und somit 412 kg im Zweikampf, erreicht bei der Weltmeisterschaft 2015 in Houston (USA). Damals belegte er Rang 14, 2017 in Anaheim dann war er Elfter mit 406 kg (190 + 216).

Die Höhepunkte

Natürlich nennt er da die Olympischen Spiele 2016 in Rio, auch wenn er „nur“ auf 405 kg (180 + 215) und Platz 16 gekommen war. „Emotional war die WM 2015 in Houston sogar noch bewegender“, sagt Prochorow, „weil ich mich mit Bestleistung für Rio qualifiziert habe.“

Die Enttäuschungen

„Da gab es einige. Aber keine, die wirklich in Erinnerung geblieben sind“, sagt Prochorow – klingt dabei aber nicht überzeugend. Denn: Das Jahr 2017 mit technischen Problemen, lediglich 393 kg bei der Deutschen Meisterschaft und die nachfolgende WM in Ana-heim mit 406 kg als Rückschritt statt Steigerung war ohne Frage wegweisend.

Die Perspektive

Das BWL-Studium ist bereits erfolgreich abgeschlossen, Mathe im Fernstudium folgt bis Ende des Jahres. „Im Januar steige ich dann bei einer Beratungsfirma endgültig ins Berufsleben ein“, sagt Prochorow zufrieden. Ein Trainerjob im Gewichtheben? „Kein Thema.“ Offen ist, wo er mit Freundin Mesi dann leben wird. St Petersburg? „Auch kein Thema.“ Dorthin ist Vater Dimitri (51) aus Baunatal zurückgekehrt. Der war Olympia-Elfter 1996 in Atlanta – mit 32 Jahren.

Quelle: HNA

Einer der stärksten Männer Deutschlands ist „Eintrachtler“: Superschwergewichtler Alexej Prochorow.

Zurück